Die Zukunft der stationären Jugendhilfe

Fachinformation - geschrieben am 25.10.2024 - 12:53

... aus der Sicht junger Menschen

Den Jugendlichen sind Selbstbestimmung, Beteiligung und Selbst­verwirklichung sehr wichtig. Mehr Chancen, sich aus­ zu probieren und mehr Vertrauensvorschuss würden sie ebenso gerne erhalten. Es sollten auch alle gleich­ behandelt werden.

Zunehmend wird in der Öffentlichkeit diskutiert, wie es beim anhaltenden Fachkräftemangel in der Jugendhilfe weitergehen kann. Der Bedarf an Angeboten für Kinder und Jugendliche steigt immer stärker bei gleichzeitig drohenden Etatkürzungen. Werner Fritz, Geschäftsführer der Jugendhilfe Creglingen e.V., hat mit zwei Jugendlichen aus einer stationären Wohngruppe und der Werkstudentin Daline Raphael, die selbst Careleaverin und Aktivistin ist, über die Zukunft und Wünsche der jungen Menschen gesprochen.

Jugendliche fühlen sich gut betreut

Grundsätzlich fühlen sich die Jugendlichen in den Wohngruppen gut betreut. Die Anfangszeit beschreiben sie als aufwühlend und große Umstellung. Umso wichtiger ist ihnen, dass man eine feste beständige Bezugsbetreuer*in hat. Daline Raphael merkt an, dass es im Leben der Kinder zudem eine konstante Person geben sollte, die bei Einrichtungswechsel und über die Volljährigkeit hinaus den Kindern zur Seite steht, wie bei dem Modell Lifelong Links aus Großbritannien. Auch sollten Careleaver besser unterstützt werden.

Um zukunftsfähig zu bleiben, sind die Arbeitszeiten mit Schichtdienst und Nachtarbeit im Gruppendienst aus Sicht von Daline Raphael verbesserungswürdig. Welche Ausbildung die Mitarbeitenden mitbringen, ist den Jugendlichen eigentlich egal. Bei ihnen steht die Person im Vordergrund. Sie sollte nett, freundlich, empathisch, kritikfähig, gesprächig und vertrauensvoll sein sowie Spaß an der Arbeit haben. Gewünscht wurde auch, dass die Betreuungskräfte mehr Zeit für die jungen Menschen haben. Büroarbeiten könnten von Verwaltungskräften erledigt werden.

Lebenswelten von Jugendlichen verändern sich Durch die gesellschaftliche Entwicklung und den technischen Fortschritt verändern sich die Lebenswelten der Jugendlichen in schnellem Tempo. Dies sollten die Mitarbeitenden verstehen und sich darauf einlassen können. Wichtiger wird auch die politische Bildung in den Wohngruppen und je nach Bildungsniveau und Hintergrundwissen der Jugendlichen die Aufklärung über Quellen und Fakenews. Ein Beispiel: Die AfD ist ja bei Jugendlichen nur so beliebt, weil sie auf TikTok ist.

Was wäre, wenn…

Wären sie Geschäftsführer*innen würden die Jugendlichen die Gruppen mit mehr Personal ausstatten, das aus gleich vielen Männern wie Frauen besteht und besser bezahlt wird. Sie würden sich politisch engagieren, um mehr Anerkennung für soziale Arbeit zu bekommen. Als Bundeskanzler*in würden sie mehr Geld für Soziales und die Schulbildung ausgeben, damit die Demokratie gestärkt wird. Als Jugendamtsleiter* in würden sie eine bessere Erreichbarkeit des Amtes und eine schnellere Erledigung wichtiger Aufgaben durchsetzen.

Werner Fritz
Geschäftsführer
Jugendhilfe Creglingen e.V.

 

Beitrag aus ParitätInform 2/2024

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