Gail McCutcheon stand vor einem Zusammenbruch – dann gründete sie ihren Verein „Mein Herz lacht“
Vor 17 Jahren fing alles an. Gail McCutcheon war am Ende ihrer Kräfte. Nachdem ihr Sohn mit einem Herzfehler auf die Welt gekommen war und als Baby dreimal operiert wurde, bestimmte die Angst um seine Gesundheit ihren Alltag. „Ich fühlte mich allein, traurig und gereizt und es gab niemanden, der meine Sorgen und Ängste verstand. Meine Ehe war angespannt, Freundschaften brachen weg und an Arbeit war nicht zu denken. Ich stand kurz vor dem Zusammenbruch“, erinnert sie sich.
In einer Familien-Reha lernte sie, nach sich selbst zu schauen. Sechs Jahre lang engagierte sie sich mit Spendenläufen, sogar beim berühmten Marathon in New York. So kamen 60.000 Euro zusammen, die sie an die Deutsche Kinderkrebsnachsorge übergab. „Das Ehrenamt gab mir neuen Sinn im Leben“, sagt Gail McCutcheon.
Eine neue Aufgabe
Es war ihr Vater, der sie fragte, ob sie nicht etwas Eigenes aufbauen wolle. So gründete die gebürtige Engländerin den gemeinnützigen Verein „Mein Herz lacht“, um andere Eltern mit chronisch kranken oder behinderten Kindern zu unterstützen. „Egal welche Beeinträchtigung ein Kind hat, die Sorgen der Eltern sind dieselben.“ Deshalb unterteilte sie anders als klassische Selbsthilfegruppen die Eltern nicht nach den Krankheiten ihrer Kinder. Gleichzeitig erlebte die Dialogmarketing-Expertin, wie schwer sich Selbsthilfevereine mit der Digitalisierung taten und beschloss, es besser zu machen.
Mit Business-Plan zur Krankenkasse
Mit ihrer Idee gewann sie 2018 ein Stipendium des Social Impact Labs in Stuttgart und stellte ihren Business-Plan der AOK vor. „Es war ernüchternd, als mir die Ansprechpartnerin sagte, meine Idee sei toll, aber ich solle erstmal mit einer Gruppe starten“, erinnert sich Gail McCutcheon. Dabei wollte sie von Anfang an ein deutschlandweites Netzwerk aufbauen. So startete sie mit fünf Müttern in Rutesheim. Bald folgten weitere Elterngruppen.
Anfangs finanzierte Gail McCutcheon alles selbst und arbeitete ehrenamtlich, bis sie von der Selbsthilfeförderung der gesetzlichen Krankenkassen erfuhr. Mit dieser Förderung konnte sie ihren Verein auf eine solide, finanzielle Basis stellen. Innerhalb eines Jahres erfüllte sie die Kriterien für eine Förderung auf Landesebene.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Der Verein wuchs dank Digitalisierungsstrategie weiter und erhielt 2020 beim Hackathon für die Sozialwirtschaft einen Preis. Doch bald kam das Team an seine Kapazitätsgrenzen. Bei der bundesweiten Wachstumsstrategie und neuem Personal half ein Skalierungsstipendium der Stiftung Bürgermut.
In knapp fünf Jahren hat Gail McCutcheon viel erreicht. Sie beschäftigt mittlerweile elf angestellte Mütter, die nicht nur Fachpersonen sind, sondern auch chronisch kranke oder behinderte Kinder haben. Auch ihr Netzwerk ist gewachsen. Der Verein ist Mitglied beim Paritätischen, dem Kindernetzwerk, dem Bundeverband Kinderhospiz und gehört zu den Fördervereinen des Olgahospitals in Stuttgart. „Wenn ich auf all das zurückblicke, was wir erreicht haben, bin ich stolz darauf“, sagt Gail McCutcheon.