Gesetz zur Ermöglichung hybrider und virtueller Mitgliederversammlungen

Update vom 21.03.2023

mit Fachinformation vom 9. Februar 2023 hatte der Bundestag einer Änderung im Vereinsrecht zur Ermöglichung hybrider und digitaler Mitgliederversammlungen zugestimmt.
 

Dieses Gesetz ist gestern im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden und damit seit heute in Kraft.

In § 32 BGB ist ein neuer Absatz 2 eingefügt worden. Dieser lautet:

„Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen.
Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Bitte beachten Sie die Zusammenfassung zum neuen § 32 BGB und die Hinweise zu einer möglichen Satzungsgestaltung anliegend.

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Update vom 09.02.2023

Vereine können künftig auch ohne Regelung in der Satzung hybride Mitgliederversammlungen einberufen. Zudem sollen durch Beschluss der Mitglieder auch rein virtuelle Versammlungen einberufen werden können.

Der Bundestag hat heute einen geänderten Gesetzesentwurf des Bundesrates (Drs. 20/ 5585) beschlossen.

Es wird in § 32 BGB ein neuer Absatz 2 eingefügt. Dieser lautet:

 „Bei der Berufung der Versammlung kann vorgesehen werden, dass Mitglieder auch ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation an der Versammlung teilnehmen und andere Mitgliederrechte ausüben können (hybride Versammlung). Die Mitglieder können beschließen, dass künftige Versammlungen auch als virtuelle Versammlungen einberufen werden können, an der Mitglieder ohne Anwesenheit am Versammlungsort im Wege der elektronischen Kommunikation teilnehmen und ihre anderen Mitgliederrechte ausüben müssen. Wird eine hybride oder virtuelle Versammlung einberufen, so muss bei der Berufung auch angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.“

Die während der Corona Pandemie geltenden Ausnahmeregelungen zu virtuellen Mitgliederversammlungen waren nicht mehr in Kraft, so dass es notwendig wurde, die Ermöglichung hybrider und digitaler Mitgliederversammlungen gesetzlich zu regeln.

Im Einzelnen:

Nach den neuen Regelungen in § 32 Abs. 2 BGB kann den Vereinsmitgliedern die virtuelle Teilnahme an Mitgliederversammlungen und die virtuelle Ausübung anderer Mitgliederrechte ohne die physische Anwesenheit des Mitglieds in der Versammlung ermöglicht werden (sog. hybride Mitgliederversammlungen).

Wie in dem außer Kraft getretenen § 5 Absatz 2 GesRuaCOVBekG soll die Ausübung der Mitgliederrechte im Wege jedweder geeigneten elektronischen Kommunikation (z. B. Telefonkonferenz, „Chat“, Abstimmung per E-Mail) zugelassen werden können, nicht nur durch Bild- und Tonübertragung („Videokonferenztechnik“).

Durch die Einfügung des § 32 Absatz 2 Satz 2 BGB wird die Möglichkeit geschaffen, dass die Mitglieder das Einberufungsorgan auch zur Einberufung (rein) virtueller Versammlungen ermächtigen können, auch wenn die Satzung virtuelle Mitgliederversammlungen nicht vorsieht. Da im Falle einer Durchführung von (rein) virtuellen Versammlungen eine Teilnahme an der Versammlung in Präsenz für die Mitglieder ausgeschlossen ist, soll über die Möglichkeit der Durchführung (rein) virtueller Versammlungen nicht das Einberufungsorgan allein entscheiden können, sondern es bedarf hierfür der Ermächtigung durch die Mitglieder.

Eine Beschlussfassung außerhalb einer Mitgliederversammlung ist nach § 32 Absatz 2 BGB nur einstimmig möglich. Damit kann ohne Satzungsregelung eine rein virtuelle Mitgliederversammlung für die nächste Mitgliederversammlung zwar beschlossen werden, außerhalb einer Mitgliederversammlung aber nur mit Zustimmung aller Mitglieder. Es soll aber auch möglich sein, durch Beschluss das Einberufungsorgan dazu zu ermächtigen, alle künftigen Versammlungen als virtuelle Versammlung einzuberufen. Dieser Beschluss kann wieder durch die Mitgliederversammlung zurückgenommen werden, wofür es dann eines neuen Beschlusses bedarf.

Des Weiteren sind die Regelungen auf die Sitzungen von mehrköpfigen Vereinsvorständen und Stiftungsvorständen entsprechend anwendbar, das heißt auch diese können unter den in § 32 BGB genannten Voraussetzungen als hybride oder virtuelle Versammlungen durchgeführt werden.

Vereine können in ihrer Satzung aber auch hybride oder virtuelle Mitgliederversammlungen ausschließen.

Bei der Einberufung einer hybriden oder virtuellen Versammlung muss angegeben werden, wie die Mitglieder ihre Rechte im Wege der elektronischen Kommunikation ausüben können.

Das Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Link zur Drucksache 20/5585  Microsoft Word - 5585.docx (638 KB)

(Quelle: Fachinfo des Paritätischen Gesamtverbandes vom 09.02.2023, Erika Koglin, Leiterin der Rechtsabteilung).

 

 

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Up date zu den Erleichterungen einer virtuellen Mitgliederversammlung in Zeiten von Corona finden Sie unter: https://paritaet-bw.de/leistungen-services/fachinformationen/gesetzlich…

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Satzungsregelung für die virtuelle Mitgliederversammlung auch für die Zeit nach Corona

Eine anerkannte Ausnahme vom Grundsatz der physischen Zusammenkunft hat eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm  bereits im Jahr 2012 etabliert. Eine Mitgliederversammlung durch körperliche Zusammenkunft ist nicht erforderlich, wenn die Satzung des Vereins dies ausdrücklich vorsieht. Dabei können alle modernen Kommunikationsmittel wie Chat-Room oder Bildschirmübertragungen genutzt werden. Entscheidend ist nur, dass alle Mitglieder die gleichen Bedingungen haben.

Eine virtuelle Versammlung ist also zulässig, wenn die Satzung des Vereins eine virtuelle Versammlung zulässt.

 

Formulierungsvorschläge:

 

"Die Mitgliederversammlung erfolgt entweder real oder virtuell (Onlineverfahren) in einem nur für Mitglieder mit ihren Legitimationsdaten und einem gesonderten Zugangswort zugänglichen Chat-Raum.

Im Onlineverfahren wird das jeweils nur für die aktuelle Versammlung gültige Zugangswort mit einer gesonderten Email unmittelbar vor der Versammlung, maximal ... Stunden davor, bekannt gegeben."

(Zur Rechtlage siehe die ausführlichen Ausführungen des OLG Hamm vom 27.09.2011 – I-27 W 106/11 unter https://www.iww.de/quellenmaterial/id/82709).

Oder

  1. Die Mitgliederversammlung ist einmal jährlich einzuberufen.
  2. An Stelle einer Mitgliederversammlung nach Abs. 1 kann zu einer virtuellen Mitgliederversammlung einberufen werden. Die virtuelle Mitgliederversammlung ist gegenüber der präsenten Mitgliederversammlung nach Abs. 1 nachrangig. Der Vorstand entscheidet hierüber nach seinem Ermessen und teilt dies den Mitgliedern in der Einladung mit. Virtuelle Mitgliederversammlungen finden in einem nur für Mitglieder zugänglichen Chatroom oder per Video oder Telefonkonferenz statt. Die Mitglieder erhalten hierfür rechtzeitig ein Passwort. Die sonstigen Bedingungen der virtuellen Mitgliederversammlung richten sich nach den allgemeinen Bestimmungen über die Mitgliederversammlung. Eine virtuelle Mitgliederversammlung über die Auflösung des Vereins ist unzulässig.

oder

  1. Die Mitgliederversammlung kann entweder real oder virtuell erfolgen. Der Vorstand entscheidet hierüber nach seinem Ermessen und teilt dies den Mitgliedern in der Einladung mit. Die Vorschrift des § 32 Abs. 2 BGB bleibt hiervon unberührt. Virtuelle Mitgliederversammlungen finden in einem nur für Mitglieder zugänglichen Chatroom statt. Mitglieder müssen sich hierbei mit ihren Daten sowie einem gesonderten Passwort anmelden.
  2. Das Passwort ist jeweils nur für eine virtuelle Mitgliederversammlung gültig. Mitglieder, die ihre E-Mail Adresse beim Verein registriert haben, erhalten das Passwort durch eine gesonderte E-Mail, die übrigen Mitglieder erhalten das Passwort per Brief. Ausreichend ist eine Versendung des Passworts zwei Tage vor der Mitgliederversammlung an die dem Verein zuletzt bekannt gegebene (E-Mail-)Adresse bzw. eine Woche vor Versammlung an die dem Verein zuletzt bekannte Postadresse. Die Mitglieder sind verpflichtet, das Passwort geheim zu halten. Eine Weitergabe an dritte Personen ist nicht zulässig.

 

Bitte beachten Sie zudem die folgenden Hinweise:

- Es gelten die Formerfordernisse der Satzung: Sieht die Satzung die Schriftform für die Einladung vor, so muss weiterhin mit einem unterzeichneten Schreiben der ladungsberechtigten Person (zumeist der Vorstandsvorsitzende) geladen werden. Oft sehen Satzungen inzwischen aber auch eine Ladung in Textform vor. Dann kann die Ladung auch per E-Mail erfolgen, wenn die E-Mail-Adressen der Mitglieder durch die Mitglieder selbst dem Verein bereitgestellt wurden.

- Die virtuelle Versammlung sollte in einem passwortgesicherten Online-Raum und unter mit vorheriger Mitteilung des Passworts gegenüber den Teilnehmern vor der Versammlung erfolgen. Die Teilnehmer sollten ihre Identität durch Verwendung des Klarnamens kenntlich machen.

- Nicht geändert werden die im Gesetz oder der Satzung geregelten Mehrheitserfordernisse. Soweit in der Vereinssatzung nichts Abweichendes geregelt ist, ist für die Zweckänderung weiterhin nach § 33 Absatz 1 Satz 2 BGB die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich, für Satzungsänderungen gilt die Drei-Viertel-Mehrheit nach § 33 Absatz 1 BGB, soweit in der Satzung keine andere Mehrheit geregelt ist.

- Über die Online-Mitgliederversammlung ist weiterhin nach den Regelungen der Satzung ein Protokoll zu fertigen, welches von den in der Satzung bestimmten Personen, zumeist die Versammlungsleiter und die Protokollführer, zu unterzeichnen ist. Die Protokollierung muss insbesondere die Beschlüsse aufzeigen, die der Eintragung zum Vereinsregister bedürfen, z.B. die Wahl des Vorstands oder die Änderung der Satzung. Das Protokoll dient weiterhin als zivilrechtliche Urkunde dem Nachweis der Beschlüsse der Mitgliederversammlung gegenüber dem zuständigen Amtsgericht. Nur mit einem unterzeichneten Protokoll über die Online-Mitgliederversammlung wird das Amtsgericht die Änderungen zum Vereinsregister eintragen.

- Die Beschlussfähigkeit muss in der Satzung geregelt werden.

Rein vorsorglichist  sollte vor der Beschlussfassung der Mitgliederversammlung die Satzungsänderung mit dem Vereinsregister abgestimmt werden, um spätere Rückfragen oder Nachbesserungen zu vermeiden.

Fazit:

Eine Mitgliederversammlung per Videokonferenz oder über einen Internet-Konferenzraum ist grundsätzlich zulässig. Auch hier gilt aber, dass ein solches Verfahren per Satzung geregelt sein muss oder alle Mitglieder schriftlich zustimmen müssen. Für die Einladung gelten die satzungsmäßigen Fristen. Dabei muss klar sein, wie der Zugang erfolgt (Internet-Adresse) und es müssen die erforderlichen Login-Daten zur Verfügung gestellt werden.

Der Ablauf der Versammlung kann grundsätzlich wie bei einer Präsenzversammlung organisiert werden. Auch eine Online-Versammlung braucht einen Versammlungsleiter. Redebeiträge sind dabei mündlich und in Textform denkbar. Sichergestellt werden muss, dass sich alle Mitglieder gleichermaßen beteiligen können. Das Verfahren sollte in Grundzügen per Satzung geklärt werden oder besser in einer Versammlungsordnung auf Satzungsgrundlage geregelt sein.

Abstimmungen sind per Computer eher einfacher zu gestalten als in einer Präsenzversammlung. Das gewählte technische Verfahren muss aber Nachvollziehbarkeit und Unverfälschbarkeit sicherstellen.

Wie die Zugangskontrolle und die Teilnehmeridentifizierung beschaffen ist, kann der Verein grundsätzlich selbst bestimmen. Es müssen keineswegs alle denkbaren Manipulationsmöglichkeiten ausgeschlossen sein. Eine Beteiligung von Nichtberechtigten (Nichtmitgliedern) an Abstimmungen kann aber zu einer Anfechtbarkeit von Beschlüssen führen. Schon deswegen muss der Verein ein entsprechendes Authentifizierungsverfahren einsetzen.

Stand 30.10.2020

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Bundesgesetzblatt zu § 32 BGB
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