Paritätischer Teilhabebericht 2021

Publikation - geschrieben am 03.12.2021 - 08:25

Der aktuelle Paritätische Teilhabebericht zeigt, dass Behinderung immer mehr zum Armutsrisiko wird.

Zum Internationalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember legt das Projekt „Teilhabeforschung: Inklusion wirksam gestalten“ seinen aktuellen Teilhabebericht vor. Das Projekt ist an der Forschungsstelle des Paritätischen Gesamtverbandes angesiedelt und wird von der Aktion Mensch Stiftung gefördert.

Im Fokus des diesjährigen Teilhabeberichts steht die Armutsbetroffenheit von Menschen mit Behinderung. Die Analysen auf Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) zeigen, dass Menschen mit Behinderung einem größeren Armutsrisiko ausgesetzt sind als Menschen ohne Behinderung. Der Teilhabebericht untersucht neben der Häufigkeit und Dauer der Armutsbetroffenheit auch die Sozialstruktur der armutsbetroffenen Menschen mit und ohne Behinderung und geht der Frage nach, wie sich der Eintritt bzw. die Anerkennung einer Behinderung auf das individuelle Armutsrisiko auswirkt. Ergänzt werden die Analysen durch ein Monitoring der wichtigsten gesetzlichen Änderungen, die für die Teilhabe und Lebenssituation von Menschen mit Behinderung von Bedeutung sind sowie zentrale Forderungen.

Die zentralen Ergebnisse, der in diesem Bericht präsentierten Analysen, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Es lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen dem Vorliegen einer Behinderung und der Armutsbetroffenheit erkennen. Seit Mitte der 2000er Jahre leben Menschen mit Behinderung deutlich häufiger in einem Haushalt mit einem Einkommen unterhalb der Armutsschwelle. Die Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Behinderung sind im zeitlichen Verlauf in der Tendenz gewachsen. Besonders deutlich sind die Unterschiede bei Personen im mittleren Lebensalter, also in der Gruppe der 26- bis 49- und 50- bis 64-Jährigen, wohingegen für ältere Personen (ab einem Alter von 65 Jahren) kaum belastbare Unterschiede zwischen Menschen mit und ohne Behinderung festgestellt werden können.
  • Armutsbetroffene Menschen mit Behinderung sind im Durchschnitt deutlich älter als einkommensarme Menschen ohne Behinderung. Wenig überraschend gibt daher der Großteil der einkommensarmen Menschen mit Behinderung auch an, eine Rente bzw. Pension zu beziehen. Auch viele Personen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen, sind in der Gruppe der einkommensarmen Menschen mit Behinderung enthalten.
  • Bei der Betrachtung längerer Zeiträume lebt im Vergleich zu Menschen ohne Behinderung ein höherer Anteil der Menschen mit Behinderung zumindest punktuell in prekären finanziellen Verhältnissen, Tendenz steigend.

 

Zumeldung des Paritätischen Baden-Württemberg

Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg fordert Armut von Menschen mit Behinderung wirksam zu bekämpfen

Berlin/Stuttgart 03.12.2021

Mit großer Sorge blickt der Paritätische Gesamtverband auf die Armutsentwicklung bei Menschen mit Behinderung. Seit 2006 geht die Schere bei der Einkommensarmut zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen sichtbar auseinander. 2018 war jede und jeder fünfte Mensch mit Behinderung von Einkommensarmut betroffen. Die Armutsbetroffenheit von Menschen mit Behinderung hat sich damit deutlich erhöht, wie der jährliche Teilhabebericht des Paritätischen zu Menschen mit Behinderung belegt: Im Zeitraum von 2000 bis 2018 ist deren Armutsquote von 12,1 Prozent auf 19,6 Prozent gestiegen. Auch im reichen Baden-Württemberg leben Menschen mit Behinderung mehrheitlich in Armut und sind stärker als andere von Arbeitslosigkeit betroffen. Anlässlich des Internationalen Tags der Menschen mit Behinderung (03.12.) fordert der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg das Land auf, Armut von Menschen mit Behinderung durch Maßnahmen für eine bessere Teilhabe am gesellschaftlichen und Arbeitsleben.

"Behinderung ist in vielen Fällen weiterhin eng mit Armut verbunden. Das hängt mit der hohen Arbeitslosenquote und generellen Einkommensarmut bei Menschen mit Behinderung zusammen“, betont Michael Tränkle, Bereichsleiter „Menschen mit Behinderung“ beim PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. Soziale Teilhabe und inklusives Zusammenleben seien in Baden-Württemberg immer noch stark vom individuellen Einkommen abhängig. Um das zu ändern, müsse das Land bessere Teilhabechancen am Arbeitsleben schaffen. Soziale Teilhabe solle für alle Menschen barrierefrei zugänglich sein, ganzheitlich und in allen Bereichen: im persönlichen Alltag, in der Mobilität, der Digitalisierung und damit dem individuellen Leben ganz konkret vor Ort. Eingliederungshilfeleistungen müssten unabhängig von Einkommen und Vermögen für alle leistungsberechtigten Menschen mit Behinderung bedarfsgemäß gewährt werden, so Tränkle weiter. Mit  dem  Bundesteilhabegesetz (BTHG) sei es hier zwar zu Verbesserungen gekommen. Doch je nach finanzieller Situation müssten Leistungsberechtigte die Leistungen weiterhin mitfinanzieren. Davon sind beispielsweise Familien mit Kindern mit Behinderung im Bereich ambulanter Unterstützungsleistungen betroffen. „Das widerspricht dem Ziel einer inklusiven Gesellschaft wie es der Landesaktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Baden-Württemberg vorsieht“, so Tränkle.

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