Technologieentwicklung muss sich stärker am Gemeinwohl ausrichten, anstatt ausschließlich von Profit und Effizienzbestrebungen vorangetrieben zu werden. Und wer wäre dazu besser berufen, als die Mitarbeitenden der Sozialwirtschaft – besonders aus der Wohlfahrt sowie Ehrenamtliche – die sich tagtäglich auf vielfältige Weise für das Gemeinwohl einsetzen?
Gleichzeitig steht die Sozialwirtschaft sowie das gesellschaftliche Engagement vor vielfältigen Herausforderungen, sei es durch den Fachkräftemangel, administrative Hürden oder Nachwuchssorgen im Ehrenamt. Wie kann also das Potenzial von Algorithmen und KI in diesem Bereich gehoben, gleichzeitig aber nutzer*innen- und problemzentriert – also gemeinwohlorientiert – eingesetzt werden? In einer sechswöchigen „Tech-Exploration in der Wohlfahrt“ haben gemeinsame Teams aus externen Tech-Expert*innen sowie Mitarbeitenden und Klient*innen der Wohlfahrt sich dieser Frage angenommen und Lösungsansätze entwickelt, wie der Algorithmen- und KI-Einsatz in diesem Sektor sinnvoll erfolgen kann.
Tech-Exploration
Die „Tech-Exploration“ wurde von „reframe[Tech]“, einem Projekt der Bertelsmann Stiftung, durchgeführt und von der Robert Bosch Stiftung gefördert. Ziel war es, konkrete Anwendungsideen für den gemeinwohlorientierten Einsatz von Algorithmen und KI in der Wohlfahrtspflege zu entwickeln und gleichzeitig die Kompetenzen der Teilnehmenden in diesem Bereich zu stärken. Vier Explorationsteams, bestehend aus je zwei technisch versierten Explorierer*innen, arbeiteten intensiv mit Mitarbeitenden und Klient*innen aus verschiedenen Wohlfahrtsbereichen wie der Jugend-, Behinderten-, Sucht- und Selbsthilfe zusammen. Nach sechs Wochen stehen nun 14 Anwendungsideen, wie KI sinnvoll in der Wohlfahrt eingesetzt werden kann.
reframe[Tech]
Im Projekt „reframe[Tech] – Algorithmen fürs Gemeinwohl“ der Bertelsmann Stiftung setzen wir uns dafür ein, dass sich die Entwicklung und der Einsatz von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz stärker am Gemeinwohl ausrichten: Wir entwickeln dafür Lösungen für eine wirksame Kontrolle algorithmischer Risiken und motivieren zur Anwendung von Algorithmen für gemeinwohlorientierte Zwecke. www.reframetech.de
Der „Selbsthilfe-Gruppenfinder“
Im Kontext des Engagements ist besonders die Anwendungsidee aus dem Bereich der Selbsthilfe des Paritätischen Niedersachsen e.V. hervorzuheben, einem Bereich, der ohne das freiwillige Engagement von Ehrenamtlichen kaum existieren würde: Der „Selbsthilfe-Gruppenfinder“ soll es Menschen mit Gesprächsbedarf erleichtern, die passenden Gruppen für einen Austausch mit anderen Betroffenen zu finden. Diese Nutzung von KI als unterstützendes Matching-System könnte dazu beitragen, die Selbsthilfegruppen effektiver zu vernetzen und den Zugang für Suchende zu erleichtern.
Die „Tech-Exploration in der Wohlfahrt“ hat nicht nur die Herausforderungen in der Wohlfahrt beleuchtet. Sie hat auch konkrete Wege aufgezeigt, wie KI dazu beitragen kann, die Mitarbeitenden, Klient*innen und Ehrenamtlichen in der Arbeit und im Alltag zu unterstützen. Dabei steht fest: Die Technologie kann uns in vielerlei Hinsicht assistieren – doch in der Wohlfahrt und im Ehrenamt wird das Menschliche nach wie vor von zentraler Bedeutung bleiben.
Beitrag aus ParitätInform 4/2023