Systembedingte Hindernisse überwinden

Seit 2005 werden in den Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zugewanderte (MBE) bundesweit Personen verschiedenster Herkunft zu den unterschiedlichsten Fragen des Lebens und Alltags in Deutschland beraten. Hier bekommt die gut ausgebildete Spanierin die Info, wie sie ihren Berufsabschluss anerkennen lassen kann. Der Zeitarbeiter aus Bulgarien erfährt, was Wohngeld ist und ob er darauf Anspruch hat. Der anerkannte Flüchtling wird dabei unterstützt, seine Familie aus Syrien nach Deutschland zu holen. Im Jahr 2020 wurden bundesweit 534.312 Personen erreicht – die meisten davon aus Syrien (BAMF 2021).

Die MBE ist niedrigschwellig und nicht auf ein Herkunftsland oder ein Themenfeld begrenzt. Die Berater*innen kommen mit den unterschiedlichsten Sprachen und Sprachniveaus zurecht, verfügen über einen ungeheuren Wissensschatz und müssen auch methodisch flexibel sein. Während manche Klient*innen nur eine einzige entscheidende Information brauchen, werden andere bis zu zwei Jahre im Rahmen eines Förderplans nach dem Case- Management-Ansatz unterstützt.

Oft bauen die Berater*innen die Brücke zu anderen Beratungsstellen und Unterstützungsleistungen. Dadurch wird so manches zum Selbstläufer. Ein großer Erfolg, nicht nur für die Klient*innen selbst, sondern auch für die MBE und die Partner*innen in dem für diese Arbeit notwendigen Netzwerk. So profitieren nicht nur die Klient*innen, sondern auch die Berater*innen durch den Blick über den Tellerrand und die Eröffnung neuer Perspektiven.

Soziale Problemlagen treffen Klient*innen hart

Die Gründe dafür sind ebenso vielfältig wie die Personen selbst. Es können persönliche Gründe sein, gesundheitliche Einschränkungen und vieles mehr. Besonders für Personen, die wenig Vorbildung mitbringen, kann die Integration durch strukturelle Hürden erschwert werden. Die MBE unterstützt dabei, im System zurechtzukommen, doch braucht es oft große Anstrengungen, um systembedingte Hindernisse zu überwinden.

So kann es vorkommen, dass eine Klientin fast akzentfrei Deutsch spricht und gerade als Jahrgangsbeste ihre Ausbildung abgeschlossen hat – aber immer noch in einer Obdachlosenunterkunft wohnt. Wohnraum ist derzeit überall knapp, doch ist er ein wichtiger Faktor für die Integration: als Lernumgebung, als Treffpunkt mit Freund*innen, als persönlicher Rückzugsort. Auch der Mangel an Kinderbetreuungsplätzen ist nach wie vor eine Einschränkung für die Teilnahme an Sprachkursen oder bei der Arbeitssuche. Dies kann auch durch umfangreiche Beratung oft nur unzureichend aufgefangen werden.

Vielfalt ist eine Stärke der Gesellschaft

Vielfalt bringt neue Ideen ein, eröffnet neue Denkweisen und Perspektiven. Das beschränkt sich nicht nur auf Personen unterschiedlicher Herkunft, sondern betrifft alle Formen von Vielfalt. Personen unterschiedlicher Herkunft und Sozialisation, mit und ohne Einschränkungen, unterschiedliches Alter oder Geschlecht bereichern eine Gesellschaft, wenn allen die Möglichkeit gegeben wird, ihre Stärken zu entfalten und einzubringen. 

Regina Ehrismann
Bereichsleitung miteinanderleben e.V.
www.miteinanderleben.de

Beitrag aus PARITÄTInform 3/2021

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